Menschenbildnisse
Der WWK zeigt parallel zu der Ausstellung von Friedrich Einhoff im Zehntspeicher die Menschenbildnisse von Heinke Both in der Kunstkammer. Und das mit einer durchaus konzeptuellen Absicht: Heinke Both, Künstlerin aus Schleswig Holstein, hat bei Friedrich Einhoff in Hamburg studiert und ihre Bilder und Collagen haben – in einer absolut eigenständigen und unabhängigen, starken identifikatorischen Bildsprache – die gleiche Thematik: die Darstellung des Menschen, genauer des Mensch-Seins. Das Individuum, das Einzelwesens mit sich selbst, in Verbindung oder Abschottung zu eigenen Innen- und zur Umwelt ist Gegenstand ihrer Bilder. Sie behandeln die Empfindsamkeit der menschlichen Existenz, dessen individuelle, vielschichtige Wahrnehmung und innere Verarbeitung.
Die eigenen Wirklichkeiten werden in Frage gestellt. Malerische Grundlage bzw. Grundierung der Arbeiten ist das Aquarell, fast schwarz aber doch lasierend, durchscheinend aufgetragen, worauf in der altmeisterlichen Technik der Schichtenmalerei, einer Weißhöhung, der Kopf gemalt ist. Er wirkt plastisch durchscheinend, unfarbig. Dazu werden collageartig alle Techniken oder Materialien benutzt, die dem Ausdruck dienlich sein können, das Medium der Zeichnung, der Sprüh- oder Drucktechnik, der Fotografie oder auch der Malerei, kombiniert mit Gebrauchspapieren oder Glasplatten. Es wird kein glamouröses Material verwendet, eher Gebräuchliches, Unscheinbares, Unaufwendiges, wie transparente Papiere, oft verdichtet und weiter bearbeitet. Fotografische Materialien lassen die Figuren an manchen Stellen röntgenartig durchleuchten. Vielfach finden sich eingebrachte Zeichnungen im Bild, oft mit Bleistift, lassen Assoziationen entstehen. Oder der entschiedene Strich eines Eddings, der wiederum stört, begrenzt, fast verletzend wirkt. Eine einheitliche, eindimensionale Oberfläche, so sagt die Künstlerin selbst, bietet ihr als Ausdrucksfläche zu wenig Möglichkeit. Sie arbeite zwar im darstellenden figürlichen Bereich, sei aber in der Arbeit ständig auf der Suche, das anscheinend augenscheinlich Unsichtbare zu zeigen. Durch Einschneiden oder Abdecken der Ebenen wird die einheitliche, homogene Bildoberfläche bewusst zerstört, um hinter oder auch in der menschlichen Figur einen weiteren Raum zu erhalten. Durch die Schichtungen aller »Ebenen« sinkt der dargestellte Kopf in die Tiefe einer Wahrnehmung. Dem Betrachter wird das Bild für seine eigenen Assoziationen, wenn nicht sogar Spiegelung überlassen und will keine eindeutige Interpretation des Menschenbildes vorgeben.
www.heinke-both.de
1964 in Bad Oldesloe geboren
1983 Unterricht bei Heilwig Duwe-Ploog
1985 Studium an der Fachhochschule für Gestaltung bei Friedrich Einhoff, Almut Heise, Gero Flurschütz
1992 Jahresstipendium der Kulturstiftung Stormarnder Sparkasse Holstein
2006–11 Atelierförderung der Kulturstiftung Stormarnder Sparkasse Holstein
2015 Preisträgerin Heise Kunstpreis 2015, Dessau-Roßlau
2018 Jahresschaupreis der Gemeinschaft Lübecker Künstler
Parallel zur Ausstellung von Heinke Both in der Kunstkammer zeigen wir vom 28. Juli bis zum 9. September die Arbeiten ihres ehemaligen Professors Friedrich Einhoff im Zehntspeicher, Gartow-Quarnstedt.
KUNSTKAMMER
Die Galerie des Westwendischen Kunstvereins
Hauptstraße 10, 29471 Gartow
Öffnungszeiten:
Freitag 16–18 Uhr /
Samstag 10–13 Uhr /
Sonntag 11–13 Uhr
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